Strafbefehl oder Anklage – zwei Begriffe, die im deutschen Strafverfahren weitreichende Folgen für Betroffene haben können. Doch was genau unterscheidet sie, und warum ist es so wichtig, diese Unterschiede zu verstehen? Immer wieder stehen Bürgerinnen und Bürger plötzlich vor einer rechtlichen Situation, die Unsicherheit oder Angst auslöst. Die Wahl zwischen Strafbefehl und Anklage beeinflusst nicht nur das Verfahren, sondern auch das mögliche Strafmaß und Ihre Rechte. Dieser Beitrag beleuchtet die wichtigsten Unterschiede, erklärt typische Abläufe und gibt Ihnen Orientierung, worauf Sie in einer solchen Lage achten sollten. Machen Sie sich schlau, bevor es ernst wird – denn Wissen kann hier entscheidend sein.
Von Verdacht bis Urteil: Wie das deutsche Strafverfahren abläuft
Das deutsche Strafverfahren gliedert sich in mehrere aufeinander folgende Stufen, deren Verständnis wesentlich für die Einordnung spezifischer Verfahrensarten wie Strafbefehl oder Anklage ist. Beginnend mit dem Ermittlungsverfahren steht die Aufklärung eines möglichen Anfangsverdachts im Fokus. Hierbei übernimmt die Rolle der Staatsanwaltschaft eine zentrale Bedeutung: Sie steuert die Ermittlungen, sammelt Beweise und entscheidet, ob das Verfahren eingestellt oder ein Gericht angerufen wird.
Die Einleitung der Ermittlungen folgt in der Regel dem Legalitätsprinzip. Bereits bei geringem Verdacht, etwa durch eine Anzeige, ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, tätig zu werden. Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens werden Zeugen befragt, Sachverständige hinzugezogen und mögliche Beweismittel gesichert. Nach Abschluss dieser Maßnahmen wägt die Staatsanwaltschaft ab, ob die vorliegenden Erkenntnisse ausreichend sind, um entweder durch einen Strafbefehl ohne Hauptverhandlung oder durch eine Anklage mit anschließender Hauptverhandlung das Verfahren fortzuführen. Erst auf dieser Basis entscheidet sich, wie der Weg zur strafrechtlichen Entscheidung weiterverläuft. Der Aufbau des Strafverfahrens zeigt somit, wie elementar die frühzeitigen Entscheidungen für den weiteren Verlauf und Ausgang des Strafprozesses sind.
Schnellverfahren ohne Verhandlung: Der Strafbefehl im Überblick
Der Strafbefehl ist ein besonderes Verfahren im deutschen Strafrecht. Er bietet eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit, kleinere Straftaten zu ahnden, ohne dass eine Gerichtsverhandlung erforderlich ist. Das Gericht erlässt einen Strafbefehl auf Antrag der Staatsanwaltschaft – diese Möglichkeit ist im Strafbefehl nach § 407 StPO geregelt.
Dieses Verfahren findet typisch bei geringfügigen Delikten wie Diebstahl, Beleidigung oder einfachen Körperverletzungen Anwendung. Die Voraussetzungen sind: Die Tat gilt als weniger schwer, der Sachverhalt ist klar, und es reicht eine sogenannte schriftliche Entscheidung aus. Typische Merkmale sind:
- Schnelle Abwicklung ohne Hauptverhandlung
- Schriftliches Verfahren
- Oft nur bei Ersttätern
Als Rechtsfolgen sieht ein Strafbefehl meist eine Geldstrafe im Strafbefehl bis zu 360 Tagessätzen vor, in seltenen Fällen auch eine Freiheitsstrafe auf Bewährung. Nach Zugang kann der Beschuldigte innerhalb von 14 Tagen Einspruch einlegen. Versäumt er dies, wird der Strafbefehl rechtskräftig – das entspricht einem Urteil ohne Verhandlung.
Ein Beispiel: Wer bei einer Verkehrskontrolle alkoholisiert auffällt, kann statt einer Gerichtsverhandlung direkt per Strafbefehl zu einer Geldstrafe verurteilt werden. Mehr zu den Unterschieden zwischen verschiedenen Verfahrenstypen erfahren Sie in unserem ausführlichen Ratgeber.
Die Anklage: Schlüssel zum Hauptverfahren im Strafrecht
Im deutschen Strafverfahren markiert die Anklage den Übergang von der Ermittlung zum gerichtlichen Verfahren. Sie wird von der Staatsanwaltschaft erhoben, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht – also wenn nach dem Ergebnis der Ermittlungen die Verurteilung einer Person wahrscheinlich erscheint. Die Anklage bildet damit die Grundlage dafür, dass das Gericht tätig wird.
Nach Einreichung der Anklage prüft das Gericht im sogenannten gerichtlichen Zwischenverfahren, ob die Sache tatsächlich zur Hauptverhandlung zugelassen wird. Erst wenn die Richter diesen Schritt bestätigen, wird das Hauptverfahren eröffnet. Besonders bei schwerwiegenden oder komplexen Delikten ist die Anklage das zwingende Verfahren. Typische Fälle sind etwa schwerere Körperverletzungen, Diebstähle größerer Dimension oder Betrug. Die Wahl einer Anklage – im Gegensatz zum schnelleren Strafbefehl – dient also dem Schutz der Angeklagten durch eine eingehendere gerichtliche Prüfung und sorgt für ein ordnungsgemäßes Verfahren.
Schnell oder umfassend? Strafbefehl und Anklage im direkten Vergleich
Wenn es um strafrechtliche Verfahren geht, stehen Strafbefehl und Anklage als zentrale Wege zur Verfügung. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Verfahren sind für Laien oft schwer zu überblicken. Im Folgenden erhalten Sie einen klaren Überblick der wichtigsten Merkmale:
- Anwendungsbereich: Der Strafbefehl wird bei einfachen, klaren Sachverhalten verwendet, meist für kleinere Delikte. Die Anklage hingegen kommt bei schwerwiegenderen oder umstrittenen Fällen zum Einsatz.
- Ablauf: Ein Strafbefehl erfolgt schriftlich, ohne mündliche Verhandlung. Bei einer Anklage folgt immer ein Hauptverfahren mit mündlicher Verhandlung vor Gericht.
- Verfahrensdauer: Das Strafbefehlsverfahren ist deutlich schneller abgeschlossen, während das Anklageverfahren mehr Zeit in Anspruch nimmt.
- Kosten: Die Kosten sind beim Strafbefehl meist geringer, da umfangreiche Gerichtstermine entfallen. Ein Anklageverfahren verursacht hingegen höhere Ausgaben.
- Verteidigungsmöglichkeiten: Gegen einen Strafbefehl kann rasch Einspruch eingelegt werden. Im Anklageverfahren stehen umfassende Verteidigungsrechte und Beweisanträge zur Verfügung. Mehr dazu, wie die Entscheidung für das Verfahren sich auf Strategie und Möglichkeiten auswirkt, erfahren Sie im verlinkten Beitrag.
- Rechtsfolgen: Nach einem Strafbefehl ist der Strafbefehl selbst der Schuldspruch, sofern kein Einspruch eingelegt wird. Im Fall einer Anklage entscheidet das Gericht erst nach dem Hauptverfahren über Schuld und Strafe.
Eine verständliche Aufbereitung zu weiteren Verfahrensunterschieden im deutschen Recht unterstützt Sie zusätzlich beim Einordnen rechtlicher Abläufe.
Straffälle aus dem Alltag: Wann Strafbefehl, wann Anklage?
Stellen Sie sich vor, ein junger Mann wird an einem Bahnhof beim Diebstahl eines Schokoriegels im Wert von einem Euro erwischt. Er ist geständig und bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten. In solchen Fällen wählt die Staatsanwaltschaft häufig den Strafbefehl – ein schriftliches Verfahren ohne Gerichtsverhandlung. Das Verfahren spart Zeit und Ressourcen, da die Sachlage eindeutig und das Vergehen geringfügig ist. Typische Delikte für den Strafbefehl sind Diebstahl geringwertiger Sachen, einfache Körperverletzung und Verstöße im Straßenverkehr.
Im Gegensatz dazu steht der Fall eines Bauunternehmers, dem vorgeworfen wird, eine größere Summe durch systematischen Betrug erschlichen zu haben. Die Ermittlungen sind umfangreich, es gibt mehrere Geschädigte und die Beweislage ist komplex. Hier wird regelmäßig mittels Anklage ein gerichtliches Hauptverfahren eröffnet. Die Anklage ist üblich bei Betrug in großem Umfang, schwerer Körperverletzung oder auch bei komplexen Vermögensdelikten.
Wie die Auswahl des Verfahrens erfolgt, hängt maßgeblich von der Schwere der Tat und den Hintergründen ab. Einen vertieften Einblick in Fallbeispiele aus der Praxis finden Sie in weiterführenden Beiträgen.
Strafbefehl oder Anklage: Die Weichenstellung für Ihre Verteidigung
Ob gegen Sie ein Strafbefehl oder eine Anklage erhoben wird, kann weitreichende Folgen für Ihre Verteidigung und das weitere Verfahren haben. Ein Strafbefehl bietet oftmals eine schnelle Verfahrensabwicklung, verlangt jedoch besonders rasches Handeln: Nach Zustellung bleibt Ihnen lediglich eine Einspruchsfrist beim Strafbefehl von vierzehn Tagen. Wird diese versäumt, wird der Strafbefehl rechtskräftig, und weitere Verteidigungsmöglichkeiten entfallen.
Bei einer Anklage hingegen erhalten Betroffene mehr Zeit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung. Das eröffnet die Chance, mit dem Rechtsanwalt gemeinsam Verteidigungsstrategien im Strafverfahren umfassend zu entwickeln – etwa Beweisanträge stellen oder Engagement in der Hauptverhandlung zeigen. In jedem Fall gilt: Je früher Sie rechtlichen Beistand suchen, desto besser können Ihre Interessen geschützt werden. Versäumen Sie nicht, sich im Zweifelsfall sofort an einen qualifizierten Strafverteidiger zu wenden – denn die richtige Reaktion im entscheidenden Moment ist oft ausschlaggebend für den weiteren Verlauf und das Ergebnis des Verfahrens.







